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Von Dipl.Ing. Dietrich Fecht im Oktober 2003 ©
Teile und Komponenten an Trikes aus Edelstahl Rostfrei
"Edelstahl Rostfrei" heißt nicht, dass im Alltagsbetrieb eines Trikes kein Rost entstehen kann. Es gibt viele Stahlsorten "Edelstahl Rostfrei", die Rostflecken auf der Oberfläche und Rostansätze an Verschraubungen sowie abgedeckten Stellen schon nach kurzer Betriebszeit im feuchten Streusalz oder feuchter, salzhaltiger Meeresluft aufweisen.

Korrosion, was man landläufig als rosten bezeichnet, ist ein sehr komplexer elektrochemischer Vorgang mit vielen unterschiedlichen Ursachen und Mechanismen, die in der Regel nur von ausreichend vorgebildeten Korrosionsfachleuten durchschaut werden können. Ich möchte mit diesem Artikel einen Beitrag dazu leisten, die Anforderungen an Edelstahlteile an Trikes zu umreißen und zu verstehen.

Was die Anforderung bei Trikes betrifft, soll mit der Bezeichnung "Edelstahl Rostfrei" nicht nur auf ein anders geartetes Material verwiesen, sondern auch der Eindruck erweckt werden, dass ein edles Material verwendet wurde, welches meistens eine glänzende Oberfläche aufweist, die nicht rosten und den ursprünglichen Glanz behalten soll.

In der Praxis stellt sich die Frage, ob Edelstähle, auch im Vergleich zu ordentlich verchromten Oberflächen, diese Anforderung hinreichend gut erfüllen können. Die Bezeichnung "Edelstahl Rostfrei" wird üblicherweise für Stähle aus Eisenbasislegierungen, d.h. der Anteil FE beträgt mindestens 50%, verwendet, die auch bei längerem Kontakt mit Wasser oder feuchter Luft nicht rosten bzw. korrodieren (wohlgemerkt: Reines Wasser bzw. reine Luft).

Es wird zwischen ca. 63 verschiedenen DIN Edelstahlsorten (rost- und säurebeständige Stähle), die sich in die drei Gruppen martensitische, ferritische und austenitische Stähle gliedern, unterschieden, die je nach Verwendungszweck und Anforderung eingesetzt werden.

  1. Die martensitischen Stähle sind magnetisch und können gehärtet/vergütet werden. Sie werden neben hoch beanspruchten Konstruktionsteilen hauptsächlich bei Schneidwaren (Messern) eingesetzt. Sie sind wegen des hohen C-Gehaltes nur schwer schweißbar.
  2. Die ferritischen Stähle sind magnetisch, schweißbar und werden unter anderem für Haushaltswaren und teilweise auch in der Automobilindustrie eingesetzt (Zierleisten, Radkappen).
  3. Die austenitischen Stähle werden am meisten verwendet. Sie sind antimagnetisch, nicht härtbar durch Wärmebehandlung und gut schweißbar. Sie haben im geglühten Zustand ein niedriges Streckgrenzenverhältnis, das heißt eine bleibende Verformung setzt schon bei relativ niedrigen Kräften im Verhältnis zur Zugfestigkeit ein. Manche Qualitäten sind sehr gut zur Kaltverformung beim Tiefziehen und andere im Rohrleitungsbau/Sanitärbereich geeignet. Ein großer Anwendungsbereich sind Haushaltsgeräte, Bestecke und Nahrungsmittelindustrie. Zur Gruppe der austenitischen Stähle zählen auch die so genannten säurebeständigen Stähle.

In Medien wie salzhaltiger Atmosphäre (Winterstreusalz) oder in saurer Umgebung (Batterienähe) bedarf es nicht nur "Edelstahl Rostfrei" sondern sogenannter säurebeständiger Stähle, wobei es keinen absolut säurebeständigen Stahl gibt, der gegen stark reduzierend wirkende Angriffsmittel wie z.B. konzentrierte Schwefelsäure, Fluss- und Salzsäure beständig ist.

Ein Stahl wird dann als beständig gegen bestimmte Säuren, Laugen oder Salze taxiert, wenn er in einem dieser Angriffsmittel während einer bestimmten Zeit und bei einer bestimmten Temperatur keinen oder nur einen sehr geringen Gewichtsverlust in g/m² und Stunde erleidet. Eine rostig erscheinende Oberfläche ist hier keine bestimmende Größe.

Bei rostsicheren Stählen ("Edelstahl Rostfrei") unterscheidet man folgende Korrosionsarten, die allesamt verschiedene Ursachen haben können, durch die Konstruktion und den Herstellungsprozess beeinflusst werden und allesamt die glänzende Oberfläche eines Edelstahlteiles beeinträchtigen können:

  1. Gleichmäßige Abtragung über die gesamte Oberfläche. Fazit: Der eingesetzte Stahl ist nicht ausreichend beständig
  2. Lochfraß. Hierbei handelt es sich um einen lokalen Korrosionsangriff mit großer Tiefenwirkung. Lochfraß wird vorwiegend durch das Vorhandensein von Halogen-Verbindungen (Salzbildner wie z.B. Chlor in Salzwasser, Kochsalz NaCl) verursacht. Einige Stähle sind beständiger gegen Lochfraß als andere.
  3. Spannungsrisskorrosion bei austenitischen Edelstählen in chloridhaltigen Salzlösungen, feuchtem Kochsalz, Beizflüssigkeiten usw..
  4. Kontaktkorrosion bei elektrisch leitendem Kontakt mit edleren Materialien (z.B. eine andere Sorte Edelstahls bei Verschraubungen) in einem Elektrolyt (feuchtes Wintersalz).
  5. Spaltkorrosion unter Dichtungen, Unterlegscheiben und anderen, auch durch Farbe oder GFK abgedeckten Stellen, bei Punktschweißung usw.. Der zur Bildung einer Passivschicht auf nichtrostenden Stählen ständig erforderliche Sauerstoff hat zu Spalten nicht oder nicht genügend Zugang. Dadurch können sich Spaltflächen leicht aktivieren und zu einem Belüftungselement mit Korrosionserscheinungen werden.
  6. Interkristalline Korrosion oder Kornzerfall kann sich bei den ferritischen und austenitischen Qualitäten durch Überhitzung, z.B. beim Schweißen in den kritischen Temperaturzonen, aufgrund von Gefügeausscheidungen in Form von Chromkarbiden an den Korngrenzen, die dort zu Potentialunterschieden führen, in korrosiver Umgebung bilden. Sie verläuft interkristallin, führt zum Herauslösen von Gefügekörnern und zum Bruch des Materials (falsche Schweißungen z.B. an Gabelteilen und Betrieb in feuchter Atmosphäre).

Die Korrosionsbeständigkeit von Edelstählen ist in gewissem Umfang auch von der Oberflächenbeschaffenheit abhängig. Polierte Oberflächen zeigen weniger Korrosionserscheinungen als raue oder nur geschliffene Oberflächen.

Jeder, der am Meer mit seinem Salzwasser schon eingehend die Edelstahlteile an Schiffen beobachtet hat weiß, dass es sehr viele zuerst hochglänzende "Edelstahl Rostfrei" Oberflächen gibt, die in salzhaltiger Umgebung und salzhaltigem Spritzwasser, bei manchen Edelstählen schon nach Stunden, leichte aber hässliche Rostflecken aufweisen, und dass es nicht ungewöhnlich ist, dass Edelstähle unter Verschraubungen rosten.

Aber hiervon sind nicht alle Stähle in gleichem Umfang betroffen. Es gibt Edelstähle, die offensichtlich beständiger und "rostfreier" sind als andere.

Zum Beispiel wird der Edelstahl DIN 1.4301 (AISI 304), auch mit V2A bezeichnet, für salzhaltige Umgebung von Experten nicht eingesetzt. Für Trikes die nur im Sommer im Binnenland gefahren werden, erscheint diese Güte bei polierter Oberfläche im allgemeinen ausreichend zu sein.

Es gibt von den ca. 63 Edelstählen nur sehr wenige, die in salzhaltiger Atmosphäre auch optisch nahezu keine Korrosionserscheinungen ausbilden. Für den Einsatz von rostfreien Edelstählen an Trikes ist für ein gutes Ergebnis entscheidend, dass der richtige Edelstahl gewählt, konstruktiv richtig einsetzt und dem Material entsprechend angemessen verarbeitet wird. Oftmals ist der erforderliche Edelstahl in einer geeigneten Abmessung auch nicht zu bekommen ist. Keinesfalls ist es damit getan, dass "irgendein" Edelstahl genommen wird, oder vielleicht der, den ein Stahlverkäufer mit dem Blick auf seine Lagerliste empfiehlt. Vor dem Einsatz von für Trikes minder qualifizierter Güten soll hier gewarnt werden.

Mit Trikes mit Edelstahlteilen aus nicht so beständigen Edelstählen oder einer nicht spezifizierten Güte, sollte man möglichst den Betrieb auf versalzten Straßen und Küstenaufenthalte unterlassen, um Korrosionserscheinungen zu vermeiden.

Meistens wird Edelstahl eingesetzt, weil die kostenintensive Verchromung entfällt. Darüber hinaus kann mit der Bezeichnung "Edelstahl ..." auch etwas Edleres als ordinärer Stahl (der in ordentlich verchromter Ausführung verschiedentlich jedoch besser geeignet ist) verkauft werden, welches die Plausibilität eines höheren Preises fördert.

Die Herstellungskosten von Trike -Teilen in verchromter Ausführung oder aus Edelstahl unterscheiden sich nicht signifikant. 1 kg Material als Rohr aus niedrig legiertem Stahl kostet derzeit ca. € 2,00; 1 kg Edelstahl kostet ca. € 4,00. Bei einer Lenkgabel von ca. 10 kg ergibt sich ein Materialunterschied von nur ca. € 20,00. Bei nahezu gleichen Verarbeitungskosten werden beim Edelstahlteil die Verchromungskosten gespart. Andererseits ist bei Edelstahlteilen das polieren sowie das Handling bei der Herstellung aufwendiger.

Zum Schluss möchte ich noch auf den grundsätzlichen Nachteil von Edelstahl gegenüber einer verchromten Oberfläche hinweisen: Schlechterer Glanz und sehr empfindliche, da relativ weiche, Oberfläche, die im Alltagsgebrauch leicht verkratzt und durch den Straßenstaub im Fahrbetrieb matter wird als verchromte Oberflächen.

Allerdings kann ein Edelstahlteil jederzeit von Hand mit ausreichender Human Power und geeigneter Polierpaste wieder aufpolieret werden.
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